Breslau

Eine Reise in die Kulturhauptstadt 2016, nach Breslau, ist geplant.  Osnabrück und Breslau liegen Luftlinie ca. 640 Kilometer auseinander und wir werden mit dem Wagen also ca. 750 km zurücklegen.

Wir haben ein Hotel dierkt in der Altstadt gebucht und sind schon sehr gespannt auf diese schlesische Stadt an der Oder mit einer so wechselvollen Geschichte. Es wird also viel Wissenswertes zu entdecken geben.

Nachdem wir die letzten beiden Tage für die Anreise zu ausgedehnten Besichtigungen zunächst in Hamburg, dann in Berlin genutzt haben, sind wir nun gestern in Breslau eingetroffen.

In Hamburg hatte ich die Ausstellung Picasso im Bucerius Kunst Forum besucht, Fenster zur Welt.

Bei tollem Wetter in Hamburg konnte ich noch das Rathaus mit dem beeindruckenden Innenhof ausgiebig besichtigen.

Am folgenden Tag ging es dann nach Berlin und dort hatten wir eine Führung im Historischen Museum zur Ausstellung von 100 Werken aus Yad Vashem. Sowohl die Führung als auch die Ausstellung sind einen Besuch wert. Immer wieder beeindruckend ist jedoch auch die Architektur des Historischen Museums und mehr als nur einen Blick wert.

Weiter konnten wir noch Zeit für eine Fotoausstellung über Relikte des Kalten Krieges finden. Danach sind wir von der Museumsinsel  zum Adlon gegangen , dort wurden Fotos von Jochen Blume gezeigt, als Bilder noch bewegten. Neben den Fotos waren die Typen sehenswert. Etwas geflohen waren wir dann wegen einer Demo in der Nähe des Brandenburger Tores, die etwas eskalierte.

Am folgenden Tag, dem Sonntag, fuhren wir die restlichen  360 Kilometer Richtung Breslau.

Auf der Strecke zwischen Cottbus und Breslau liegt Liegnitz, wo wir einen kleinen Stopp einlegten . Der Ort war ehemals geprägt von der sowjetischen Armee, heute versucht man die Relikte dieser Zeit zu entfernen und das Stadtbild etwas netter zu gestalten.

In einem Stadtteil von Liegnitz liegen die ehemaligen Villen der russischen Offiziere und Wohlhabenden; sich diese Häuschen anzusehen, lohnt.

Wir waren doch recht verwundert, dass gleich nach Überqueren der Grenze die Autobahn einen wirklich unvorstellbar katastrophalen Zustand aufweist. Dies ist doch die Hauptroute von Berlin nach Breslau! Nach 4 Stunden erreichten wir dann Breslau.

Ich hatte ein kleines, aber feines Hotel nahe der Altstadt gebucht. Zum zentralen Platz, dem Rynek oder Ring hatten wir es gerade mal 3 Minuten, wir konnten ihn bereits vom Fenster aus sehen.

Es war, wie gesagt, Sonntag und Sonntags sind alle Städte ein wenig leblos. Wir machten uns mit der Geschichte und den Geschichten der einzelnen Häuser am Rynek vertraut und warfen noch einen Blick in das Rathaus. Der Marktplatz ist wieder sehr nett rekonstruiert, Breslau war doch von den russischen Armee zum Ende des Krieges sehr zerstört worden. Während des gesmaten Krieges war Breslau eine Festung und nahezu unzerstört.

Wir lassen den Abend in einem polnischen Lokal am Rynek ausklingen, bei Pieroggen und Bigos.

Unser kleines Hotel, das Sleepwalker, hat gerade mal 12 Zimmer und wir ließen uns das Frühstück schmecken und machten uns gleich darauf auf den Weg, wir hatten eine Stadtbesichtigung in einem Elektrobus mit Führung gebucht. Eine deutschsprachige Studentin chauffierte uns beiden in dem kleinen Bus durch die verwinkelten Gässchen der Stadt, so blieb uns der doch ziemlich weite Weg zum Botanischen Garten und dem Zoo erspart, nebenbei erhielten wir sehr viel Informationen zur Stadtgeschichte. Auch einen Abstecher zur Jahrhunderthalle war in unserer Tour drin. Nach 11/2 Stunden waren wir orientiert und machten uns nochmal zu den Highlights zu Fuß auf den Weg. Bei tollem Sonnenschein und blauem Himmel stand die Kamera nicht still.

An fast jeder Ecke hat Breslau erstaunliche Bauwerke zu bieten, alle in einem sehr guten Zustand.

Die Stadt macht einen sehr einladenden Eindruck auf uns , im Jahr, in dem Breslau Kulturhauptstadt ist.

Wir sahen uns das Veranstaltungsprogramm in diesem Jahr an und ein Event jagt tatsächlich das nächste

In diesem Sommer wird man wahrscheinlich kein Bein an die Erde bekommen. Die Stadt ist aber auf die Besucherströme schon gut gerüstet.

Wir sind überrascht, wie jung die Stadt ist, es leben immerhin 100000 Studenten in Breslau, bei insgesamt 650000 Einwohnern.

Die Uni haben wir ebenfalls bereits besichtigt, es gibt ein sehr altes Unigebäude, mit einem beeindruckenden Oratorium und einem Leopoldinum, einem mit Fresken und Barockstil versehenen Saal, in dem noch heute die zentralen Veranstaltungen des Semesters stattfinden.

Nun aber noch ein paar Fakten zu Breslau, oder besser gesagt zu Wroclaw, wie man es ja nennt. Ich habe immer etwas Mühe diesen polnischen Namen auszusprechen, das hart gesprochene R macht mir dabei besonders zu schaffen.

 Da ich dies leider nicht aussprechen kann, bei mir bleibt Wroclaw richtig im Halse stecken, werde ich auch weiter von Breslau schreiben, das geht mir flüssiger durch die Finger.

Breslau hat ungefähr 650000 Einwohner und liegt in Niederschlesien, sie ist hier auch die Hauptstadt der Woiwodschaft, etwa wie bei uns das Bundesland. Wie bereits gesagt, liegt es günstig von Berlin, sieht man mal von den rund 70 Kilometer desolater Autobahn ab. Die heutige Woiwodschaft umfasst zu großen Teilen das Gebiet der preußischen Provinz Niederschlesien, die 1919 durch Teilung der ehemaligen Provinz Schlesien entstanden war.

Die Stadt ist durch die zahlreichen Studenten jung und trotz der EU-Mitgliedschaft zahlt man noch heute mit Zloty. Der Umrechnungskurs liegt bei 4,15 zum Euro.

Die Bevölkerung spricht natürlich polnisch, doch man kann sich sehr gut in Englisch verständigen. Wir hatten bislang keinerlei Probleme, hin und wieder bekommt man auch ein sehr freundliches deutsches Wort.

Der Zentrale Platz der Stadt ist der Rynek, der historische Marktplatz. In dessen Mitte steht das gotische Rathaus, das bedeutendste Bauwerk der Stadt. Ein weiteres bedeutendes Bauwerk ist die seit 2006 zum Welterbe der UNESCO zählende Jahrhunderthalle. Die Kuppel misst 65 Meter im Durchmesser. Hier finden auch die zentralen Veranstaltungen zum Kulturjahr statt.

Das Stadtgebiet verteilt sich auf insgesamt zwölf Inseln, die von der Oder und ihren vier Nebenflüssen umschlossen werden.

Etwas außerhalb der Altstadt liegt die Dom-Insel, das geistige Zentrum Breslaus. Gut 90 Prozent der Bevölkerung gehören der katholischen Kirche an.

Der gotische Dom bildet den Mittelpunkt und ist das wichtigste Gotteshaus der Stadt, sowie Bischofssitz.

Die Universität gliedert sich in die einzelnen Fakultäten und nimmt einen beeindruckenden Raum der Stadt ein. Moderne und historische Gebäude finden hierin ihre Bestimmung. In der Aula Leopoldina , dem berühmten Saal der Universität beeindrucken die Deckengemälde und die Plastiken. Wegen der super Akustik wird der Raum noch heute bei Feierlichkeiten und Kulturveranstaltungen genutzt.

Größter ausländischer Investor ist LG, dort sind über 12000 Breslauer beschäftigt. Daneben findet man noch Google, Toyota und Siemens, die Region boomt.

Nun noch ein paar Worte zur Breslauer Küche.

Die Küche ist geprägt durch die wechselvolle Geschichte der Stadt. Die Einflüsse der deutschen, österreichischen und russischen Küche sind wahrnehmbar.

Geliebt werden hier Suppen, besonders geliebt ist die saure Mehlsuppe, aus saurem  Roggenmehl mit Wurst und Pilzen, man nennt sie zurek, und die Rote-Beete-Suppe.

Auch Bigos ist sehr beliebt, ein Gericht aus Sauerkraut und Pilzen mit Fleisch, es ähnelt etwas dem Szeggediner Gulasch. Natürlich sind auch die Maultaschen ähnelnden Pieroggi  weit verbreitet. Die Pieroggi Ruski  ist mit Frischkäse und Kartoffeln gefüllt, es gibt sie aber auch mit Fleisch oder Spinat.

In der polnischen Küche sind vielfach auch die Kartoffelknödel zu finden, alles in allem ist die schlesische  Küche kräftig, deftig!

Wer es mag, wird hier immer etwas für seinen Geschmack finden. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt und es ist erschwinglich gut essen zu gehen.

Zum gehaltvollen Essen trinken die Breslauer gerne ein Bier, das Beste der Stadt soll man im Spiz bekommen, wir hatten dort ein Honigbier, das war nicht nach unserem Geschmack. Im Spiz treffen wir jedoch auf viele Studenten. Gepriesen wird der Rathauskeller, wir fanden ihn eher touristisch aufgemotzt und das Essen mäßig, die Bedienung war auch leicht angenervt.

Der Nahverkehr in Breslau ist geprägt vom sehr gut ausgebauten Netz der Straßenbahn, wobei die Wagen erst in den letzten Jahren ausgetauscht wurden.  Gut kann man sich die alten Waggons im historischen Stadtbild noch vorstellen. Aber bei Nutzung der Bahn ist man natürlich über die Errungenschaften des modernen Zeitalters dankbar.

Wir unternehmen noch einen kleinen Ausflug an den Stadtrand von Breslau. Dafür werden wir das gut ausgebaute Netz der Straßenbahn nutzen. Den Plan kann man ich gut herunterladen, auch in citymap oder Ulmon ist er verzeichnet. Man steigt einfach in die jeweilige Bahn und löst am Automaten sein Ticket, es kann sogar per EC-Karte bezahlt werden. Der Fahrschein muss anschließend noch freigestempelt werden und ist ab dann 30 Minuten im gesamten Bahnnetz gültig, also auch ein Umsteigen ist damit erlaubt.

Wir fuhren in den Außenbezirk Schweidnitzer Vorstadt um zu dem recht weit südöstlich außerhalb liegenden jüdischen Friedhof zu gelangen. Es pfeift ein eisiger Wind und der Himmel ist leicht bedeckt. Die äußeren Umstände passen perfekt zu dem stark verwilderten jüdischen Friedhof und den verfallenen Gräbern und Monumenten. Die ersten Zeugnisse für den jüdischen Friedhof in Breslau stammen aus dem 13. Jh.

Die ca. 12000 Grabstellen auf dem gut 5 Hektar großen Gelände sind vielfach mit deutsch sprachiger Inschrift, meist von sehr wohlhabenden und erfolgreichen  Familien Breslaus zu Mitte bis Ende des 19. Jh.. Viele beeindruckende Grabmäler bedeutender Breslauer Kaufleute sind auf einer Tafel verzeichnet, sie lassen sich dadurch sehr gut aufsuchen, Die letzten Gräber wurden bis Ende der 20er Jahre angelegt, der Friedhof wurde 1942 geschlossen. Noch heute sind viele Einschusslöcher aus jener Zeit zu sehen. Sicher fanden hier einige Kämpfe statt, die Grabmale dienten sicher als hervorragende Verstecke.

Der gesamte Friedhof strahlt auch durch die umlaufende Mauer eine ganz besondere Stimmung aus. Der Besuch lohnt auf jeden Fall.

Bewegt man sich außerhalb des historischen Zenztrums der Stadt, so entdeckt man auch schnell die Relikte und Bausünden der russischen Freunde. Die Betonbauten sind weder besonders hübsch noch haben sie einen hachhaltigen Wert für die heutige breslauer Bevölkerung. Sie dienen heute lediglich als preiswerter Wohnraum und Sozialwohnungen.

Sicher wird man diese Wohnbebauung in den kommenden Jahren ersetzen.

Ich traue dieser aufstrebenden Stadt wirklich eine positive Zukunft zu. Es wäre ihr auch zu gönnen, dass Breslau wenigstens in die Lage versetzt wird ihre gut ausgebildete Jugend zu beschäftigen und im Land zu halten.

Zum Abschluss noch ein paar Worte zu den über 300 Zwergen, die man in der gesamten Stadt unverhofft antrifft. Es sind keineswegs die Brüder der bei uns so beliebten wie verhassten Gartenzwerge, diese kleinen amüsanten Freunde nennen die Breslauer krasnal. Sie haben Symbolkraft, sind sie doch der übersteigerte Ausdruck der Anhänger der Opposition in den 80er Jahren gegen die Absurditäten des sozialistischen Systems.

Heute sind die liebenswerten kleinen Burschen natürlich ein touristischer Blickfang und wer mehr zu den einzelnen Knaben wissen möchte, der kann dies auf der ihnen eigenen Website unter www.krasnale.pl nachlesen, auch einen Stadtplan mit den Standpunkten findet man dort.